OHNE TITEL – abstrakt konkret konstruktiv

19.09. - 29.12.2013

abstrakt
Die kunsttheoretische Anschauung, was unter abstrakter Kunst zu verstehen sei, zeichnet sich im allgemeinen Sprachgebrauch durch eine mehrfache Deutung aus und führt die von der gegenständlichen Malerei und Plastik losgelösten Darstellungen zu immer neuen Stilvarianten. Ausgehend von ihren beiden Entwicklungslinien der freien malerischen Richtung des Expressionismus und der auf dem Kubismus basierenden geometrisierenden Linie, zeigt die abstrakte Kunst eine immer noch anklingende Gegenständlichkeit und entfernte Spuren an Dingformen bis hin zur typisierenden Vereinfachung im Sinne des abstrakten Denkens, Farb- und Formveränderungen, sowie eine Hinwendung zu Linien- und Flächenstil sind der abstrakten Kunst wesensgemäß.

konkret
Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet »konkret« – verdichtet, eigentlich zusammengewachsen. Im populären Sprachgebrauch hat es jedoch die Bedeutung von sinnlich wahrnehmbar, fassbar, real vorhanden. In der Malerei verstehen wir unter konkreter Kunst eine ungegenständliche Richtung moderner Kunst. Konkret werden hier Farbe, Linie, Fläche und Raum als eigenständige künstlerische Mittel eingesetzt.

Besonderheit ist ein Spektrum an bildnerischer Vielfalt, welches auf einem mathematisch-berechneten geometrischen Formenrepertoire basiert. Kurse des Bauhauses zur elementaren Formen- und Farblehre bilden eine wesentliche Grundlage der bildendenden konkreten Kunst. Zur Avantgarde dieses Stilbegriffes zählen die Künstler Paul Klee und Josef Albers desWeimarer Bauhauses, aber auch der Architekt Theo van Doesburg, Herausgeber der Zeitschriftde Stijl, der für die Namensgebung »konkrete Kunst« verantwortlich zeichnet.

konstruktiv
Der Konstruktivismus zählt zu den wichtigsten dominierenden Stilbegriffen des 20. Jahrhunderts. Seine umfassende, gleichsam prägende Wirkung zeigt sich in dem weit verbreiteten Vorrang einfacher geometrischer Gestaltungsweisen, sowie am Zugriff auf neuartige Materialien, welche in Kunst und Alltag Verwendung finden.

Malerei, Skulptur, Fotografie, Typografie, Architektur, Design, Bühnenbild, das neue Medium Film finden in der Idee des Konstruktivismus ihren gemeinsamen Bezugspunkt.
Konstruktiv, das heißt aufbauend, befördert, durch neue Entwicklungsstufen in Wissenschaft und Technik entwickelt sich der Konstruktivismus zu einem gesellschaftsübergreifenden künstlerischen Stilbegriff, welcher sämtliche Bereiche kulturellen Lebens zu Beginn des 20. Jahrhunderts tangiert.

Die im vorrevolutionären Russland geborene Kunst des Konstruktivismus wird als Ausdruck individueller Befreiung gesehen, losgelöst von Natur und Religion. Doch schon 1922 finden die Wechselbeziehungen zwischen Revolution- und Kunst ein jähes Ende. Emigrierte Konstruktivisten bringen ihre Ideale und Ideen in das westliche Europa. Durch die Gründung des Bauhauses, der Gruppe de Stijl, der ungarischen MA gewinnt besonders eine alltagstaugliche Komponente des Konstruktivismus an Bedeutung und macht diesen zu einem stilistischen Grundpfeiler des vergangenen Jahrhunderts.

Christine Rink (Kuratorin)